Verstärker und Strafen im Hundetraining
Die Diskussion über Belohnung und Bestrafung im Hundetraining ist immer wieder ein emotionales Thema. Viele Hundebesitzer wünschen sich, dass ihre Hunde ausschließlich über Belohnungen trainiert werden. Übrigens, in der Wissenschaft sprechen wir nicht nur von Belohnungen, sondern von Verstärkern. Verstärkung bedeutet, dass ein Verhalten häufiger auftritt – das ist der zentrale Begriff in der Lerntheorie.
Verstärkung und Strafe: Die Grundlagen verstehen
Bevor wir uns mit der Frage beschäftigen, wie Verstärkung und Strafe im Hundetraining eingesetzt werden, ist es wichtig zu verstehen, was diese Begriffe bedeuten. Beide Begriffe beschreiben Konsequenzen auf das Verhalten eines Hundes, die entweder dazu führen, dass dieses Verhalten häufiger oder seltener auftritt. Aus der Sicht von Hundebesitzern ist der Wunsch nachvollziehbar, erwünschtes Verhalten des Hundes durch positive Verstärkung zu fördern. Doch ein Training, das ausschließlich auf Verstärkung setzt und Strafen völlig außen vor lässt, ist nicht realistisch – und auch nicht sinnvoll.
Warum? Weil Hunde nicht nur lernen müssen, welches Verhalten erwünscht ist, sondern auch, welches Verhalten unerwünscht ist. Ohne klare Regeln und Grenzen (die für unsere Vierbeiner innerhalb einer Gruppe übrigens enorm wichtig und überlebensnotwendig sind), kann der Hund in unserer von Menschen geprägten Welt schwer zurechtkommen. Regeln schaffen Sicherheit und Struktur – sowohl für den Hund als auch für den Menschen. In einem sozialen Verband, wie wir ihn mit unseren Hunden bilden, ist es entscheidend, dass alle Mitglieder entsprechende Regeln befolgen, um Harmonie und Sicherheit zu gewährleisten.
Was sind Verstärker und Strafen im Hundetraining?
Im Hundetraining unterscheiden wir zwischen positiven und negativen Verstärkern sowie positiven und negativen Strafen. Dabei stehen „positiv“ und „negativ“ nicht für gut oder schlecht, sondern für das Hinzufügen (positiv) oder Wegnehmen (negativ) eines Reizes. Wichtig ist immer, dass der Empfänger, also der Hund entscheidet, was er als angenehm oder unangenehm empfindet – das macht die Anwendung so individuell.
- Positive Verstärkung: Ein angenehmer Reiz wird hinzugefügt. Beispiel: Der Hund setzt sich, und als Belohnung bekommt er ein Leckerli.
- Negative Verstärkung: Ein unangenehmer Reiz wird entfernt. Beispiel: Der Druck auf den Rücken des Hundes wird aufgehoben, sobald er sich setzt – der Hund empfindet dies als Erleichterung.
- Positive Strafe: Ein unangenehmer Reiz wird hinzugefügt. Beispiel: Der Hund zieht an der Leine, und es erfolgt ein Ruck, der als unangenehm empfunden wird, um das Verhalten (das Ziehen) zu verringern.
- Negative Strafe: Ein angenehmer Reiz wird weggenommen. Beispiel: Der Welpe beißt beim Spielen in die Hose, und das Spiel wird sofort beendet, um das unerwünschte Verhalten zu reduzieren.
Verstärkung und Strafen sind unvermeidbar
Verstärker setzen wir gezielt ein, um gewünschtes Verhalten zu fördern, vor allem in der Anlernphase des Hundes, also wenn es darum geht, dem Hund ein neues Verhalten beizubringen. Hier macht es Sinn, erwünschtes Verhalten wie das „Sitz“ häufig positiv zu verstärken – zum Beispiel durch Leckerli, Streicheleinheiten, Spiel, soziales Lob… Voraussetzung ist, dass der Hund die Verstärkung auch als angenehm empfindet.
Strafen setzen wir ein, um unerwünschtes Verhalten zu reduzieren. Wichtig ist, dass der Hund versteht, was von ihm erwartet wird. Bevor eine positive Strafe wie zum Beispiel ein Leinenruck eingesetzt wird, sollte der Hund gelernt haben, wie er sich korrekt an der Leine verhält. Ansonsten wäre die Strafe nicht nur unfair, sondern auch ineffektiv. Übrigens handelt es sich hier um ein Beispiel für ein besseres Verständnis. Ein Leinenruck ist nicht die Lösung für eine gute Leinenführigkeit! 😉 Bei einer positiven Strafe wird also etwas hinzugefügt, was der Hund als unangenehm empfindet.
Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Strafen im Hundetraining nichts mit Gewalt zu tun haben (sollten). Gewalt hat in der Erziehung von Hunden keinen Platz. Strafen sorgen (aus Sicht der Lerntheorie) lediglich dafür, dass ein Verhalten weniger häufig gezeigt wird. Oft setzen wir Strafen sogar unbewusst ein, zum Beispiel wenn ein erwartetes Leckerli ausbleibt. Lerntheoretisch gesehen handelt es sich dabei um eine negative Strafe – der Hund hat etwas Angenehmes erwartet, und es wurde ihm entzogen. An der Stelle möchte ich also nochmals betonen, dass ein Training, ohne das unbewusste Einsetzen einer Strafe, theoretisch nicht möglich ist.
Fazit: Ein ausgewogenes Training
Im Hundetraining ist es weder möglich noch sinnvoll, auf Verstärker oder Strafen vollständig zu verzichten. Beide Mechanismen sind natürliche Bestandteile jedes Trainings. Verstärker helfen uns, erwünschtes Verhalten zu fördern, während Strafen dazu dienen, unerwünschtes Verhalten zu minimieren. Der Schlüssel liegt darin, beides zielgerichtet und bewusst einzusetzen, um unseren Hunden die Regeln und Strukturen zu vermitteln, die sie für ein harmonisches Zusammenleben mit uns Menschen brauchen.
Denn am Ende des Tages geht es darum, dass unsere Hunde lernen, sich sicher und selbstbewusst in ihrer Umwelt zu bewegen – und dafür brauchen sie klares Feedback, welches Sozialverhalten eben gewünscht ist, und welches Sozialverhalten unerwünscht ist.
Ich möchte an der Stelle nochnmal betonen, dass es sich um die Lerntheorie handelt. Hundetraining besteht aber aus viel mehr, als Verhalten zu verstärken oder zu strafen. Unsere Hunde lernen immer, dies sollte uns bewusst sein.